Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einen Anruf von Ihrem betriebsärztlichen Dienst. Die Dame am Telefon berichtet ganz aufgeregt, dass sich seit dem Morgen zahlreiche Mitarbeiter mit akuten Beschwerden melden. Sie klagen über massiven Brechdurchfall. Es werden laufend mehr Mitarbeiter, die sich beim betriebsärztlichen Dienst melden und sofort nach Hause geschickt werden. Kurz darauf erhalten Sie einen Anruf von der Personalabteilung mit der Information, dass sich zahlreiche Mitarbeiter akut krank gemeldet haben.
In Großbritannien, den Niederlanden und Japan zeigen die internationalen Überwachungssysteme für Epidemien eine vermehrte Zunahme an Norovirus-Infektionen. In Großbritannien gehen Experten von 1,2 Millionen infizierten Personen in dieser Norovirus-Saison aus, einer Steigerung von über 60 Prozent gegenüber der Vorperiode. In den USA gibt es rund 21 Millionen Norovirus-Erkrankungen im Jahr mit 800 Todesfällen. Die Dunkelziffer ist sehr hoch: für jede gemeldete Norovirus-Erkrankung rechnen die Experten mit 288 nicht gemeldeten Fällen. Dies liegt an dem starken, aber kurzen Ausbruch der Infektion, die meist nach zwei bis drei Tagen mit Brechdurchfall abgeklungen ist. In dieser Norovirus-Saison dominiert ein neuer Virus-Typ “Sydney 2012“, benannt nach seinem ersten Auftreten in Australien im März 2012.Es gibt keine Medikamente gegen den Virus und auch keine Immunisierung. Norovirus-Infizierte können den Virus auch übertragen ohne selbst an den Symptomen zu leiden. Mediale Aufmerksamkeit hat der Norovirus in letzter Zeit mit großer Regelmäßigkeit erzeugt. Die Norovirus-Infektionen bei 11.000 Kindern durch Norovirus in gefrorenen Erdbeeren im Schulessen war in Deutschland einer der spektakulären Fälle. Auf Kreuzfahrtschiffen kommen Norovirus-Infektionen mit großer Regelmäßigkeit vor, wie jüngst auf der “Queen Mary 2” während ihrer Weihnachtsfahrt im Dezember 2012. Aber auch Hotels, Krankenhäuser, Seniorenheime, Zeltlager und Unternehmen werden von dem fiesen Virus nicht verschont. Der Norovirus ist im Labor schwer zu identifizieren, was die Erkennung und Reaktion nicht gerade erleichtert. Trotzdem ist bei einem Auftreten schnelles und entschlossenes Handeln notwendig. Hierzu gehört die konsequente Vermeidung von Menschenansammlungen zum Beispiel in Betriebsrestaurants wie auch die Reinigung von Kontaktflächen mit Spezialreinigungsmitteln. Norovirus-Erkrankungen sind meldepflichtig. Daher gehört die Einbindung des Gesundheitsamts zu einer der ersten Maßnahmen.
Auf dem Hotelschiff “MS Bellriva” sind mindestens 60 der 190 an Bord befindlichen Personen in der Nacht von Freitag auf Samstag akut an einer Infektion erkrankt. Die überwiegend älteren erkrankten Personen leiden an schwerem Erbrechen und Durchfall. Mehrere Personen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Das Schiff wurde unter Quarantäne gestellt und zu einer Krankenstation umfunktioniert. Ein Großaufgebot von Rettungsdiensten und Feuerwehr versorgt die Passagiere insbesondere mit Infusionen. Was die Medien als “mysteriöse Infektion” umschreiben deutet ganz stark auf das Norovirus hin (mittlerweile durch das Gesundheitsamt Wiesbaden bestätigt), das bereits mehrfach in Hotels, Krankenhäuser, aber auch auf Schiffen, in Kitas, Schulen und Unternehmen gewütet hat. Das Norovirus ist hoch ansteckend und wird über Kontakte von Mensch zu Mensch übertragen. Die Übertragungszeiten von Mensch zu Mensch liegen im Stundenbereich. Das Norovirus haftet an Kontaktflächen und ist sehr widerstandsfähig gegen Hitze und Kälte. Die Symptome, Erbrechen und Durchfall, dauern zwischen einem und drei Tagen. Durch Dehydration kann es insbesondere bei älteren Menschen zu Todesfällen kommen. Die Symptome klingen nach ein bis drei Tagen ab. Dies ergibt einen typischen Verlauf der Erkrankung unter den Betroffenen, der sich von einer Lebensmittelvergiftung deutlich unterscheidet. Die rasende Ausbreitung kann nur durch strenge Hygienemaßnahmen unterbrochen werden. Hierzu gehört die Handhygiene mit Seife und Desinfektionsmittel sowie die Reinigung von Kontaktflächen mit speziellen Reinigungsmitteln. Die Infektion mit Noroviren ist meldepflichtig und es ist sofort das Gesundheitsamt einzuschalten und alle Maßnahmen sind mit den Behörden abzustimmen. Diese können die Schließung von Plätzen, an denen sich viele Menschen zusammenfinden, wie Restaurants, Schulungs- und Versammlungsräume etc. anordnen. Das Unterlassen einer Meldung führt zu Strafen in Form von Geldbußen. Für das Business Continuity Management ist ein Norovirus-Ausbruch eine Herausforderung, wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann. Dies betrifft insbesondere die rasend schnelle Ausbreitung. Innerhalb weniger Stunden können leicht 30 bis 50 Prozent der Mitarbeiter ausfallen. Kommen diese zu schnell wieder an ihren Arbeitsplatz zurück, bevor die Infektion beendet ist, flammt die Welle wieder erneut auf. Nur mit konsequentem Handeln kann die Infektionswelle gestoppt werden. Hierzu gehört die Vermeidung von Menschenansammlungen und die konsequente Durchsetzung von Hygienemaßnahmen. Die tagelange Schließung eines Betriebsrestaurants gehört sicherlich nicht zu den populären Maßnahmen bei den Mitarbeitern, doch dient sie dem Schutz der Mitarbeiter vor weiteren Infektionen. Gerade jetzt ist Hochsaison für Norovirus-Infektionen, die vermehrt in den Wintermonaten auftreten.
Die Fallzahlen sind gemäß der Statistik des RKI stark zunehmend:
Mittlerweile ist ein drittes Schiff, die “Voyager of the Sea” vom Norovirus betroffen. 200 der 3.000 Passagiere waren von der Infektion betroffen. Das Schiff konnte den Hafen von New Orleans nur mit Verspätung verlassen. []
Auf den beiden Kreuzfahrtschiffen Ruby Princess und Crown Princess sind insgesamt nahezu 500 Personen, Passagiere und Besatzungsmitglieder, an dem Norovirus erkrankt. Die amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC untersucht die Vorfälle. Beide Kreuzfahrtschiffe gehören der Carnival Corporation, die auch Eigentümerin der havarierten Costa Concordia ist. Ein Unglück kommt selten alleine …
Die Erkrankung von 300 Jugendlichen in einem Zeltlager in Bad Segeberg an Brechdurchfall kann auf Noroviren zurückgeführt werden. Bei vier Patienten konnte das hochansteckende Virus nachgewiesen werden. 143 Teilnehmer des Zeltlagers mussten am vergangenen Wochenende ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Noroviren sind immer wieder die Ursache für massive lokale Epidemien. Diese sind zwar im Gegensatz zu Pandemien sehr lokal begrenzt, kurzfristig und nicht lebensbedrohlich, doch kann in einem Unternehmen bei Ausbruch des Virus schnell eine ganze Abteilung lahmgelegt werden. Gut wenn es dann Pläne im Rahmen der Notfallplanung für ungeplante Personalausfälle gibt.
Am Münchener Klinikum Rechts der Isar gab es eine Infektionswelle mit dem Norovirus. Dutzende Patienten, Krankenschwestern und Ärzte haben sich mit dem Norovirus infiziert. Vermutlich hat eine Mitarbeiterin den Virus eingeschleppt. Immer wieder kommt es in Hotels, auf Schiffen und in Unternehmen zu Infektionswellen mit dem hochansteckenden Virus. Norovirus-Infektionen sind meldepflichtig. Das Robert Koch Institut RKI überwacht und analysiert die Norovirus-Fälle.
Zwei Kliniken im Großraum Hannover sind durch den Ausbruch des Norovirus weitgehend lahmgelegt. Im Robert Koch Klinikum in gehrden haben sich 57 Patienten und 30 Beschäftigte mit dem hochansteckenden Virus infiziert. Auch im Klinikum Springe sind Patienten und Mitarbeiter an dem Virus erkrankt. Beide Häuser werden von der Klinikküche Gehrden versorgt. Im Verdacht steht ein Mitarbeiter der Klinikküche, das Virus verbreitet zu haben.
Gleichzeitig gibt es in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig Holstein eine erhöhte Anzahl an Durchfall-Erkrankungen durch den EHEC-Erreger, wie der NDR berichtet.
Immer wieder wird der gesamte Betrieb von Hotels, Ausflugsschiffen und Unternehmen von dem Ausbruch des hochinfektiösen Virus lahmgelegt. Das Robert Koch Institut RKI überwacht die Infektionen, analysiert Infektionsfälle und gibt Empfehlungen zum Schutz vor Infektionen. Hierzu zählt die sofortige Isolierung infizierter Personen, die Durchführung von Desinfektionsreinigungen sowie die Einhaltung der Handhygiene.
In einem der letzten Posts habe ich über einen Fall von Norovirus-Infektionen in den Allgäuer Alpen und der ausführlichen Anlayse des Falls durch das RKI berichtet. Dass der hoch ansteckende Norovirus das Zeug dazu hat, ein Unternehmen in Kürze lahmzulegen hat er jetzt in einem Fünf-Sterne-Hotel in Glasgow bewiesen. 58 Gäste und 17 Mitarbeiter des Hilton-Hotels haben sich an dem Virus angesteckt und litten an Brechreiz und Durchfall. Das Hotel dürfte weitgehend lahmgelegt worden sein. Bis der Infektionsherd identifiziert und beseitigt ist dürften weitere tiefgreifende Einschränkungen des Geschäftsbetriebs die längerwirkenden Folgen sein.
Im aktuellen Epidemiologischen Bulletin 28/2010 des Robert Koch Instituts wird ein interessanter Fall einer Norovirus-Infektionswelle auf einer Hütte in den Allgäuer Alpen beschrieben. Die H1N1-Pandemie ist glücklicherweise ohne die befürchteten massiven Auswirkungen an uns vorübergegangen. Können wir jetzt die Pandemiepläne in die Schublade legen und zur Tagesordnung übergehen? Leider nein. Die Schweinegrippe ist nicht das einzige Risiko, das zu kritischen Personalausfällen in Unternehmen führen kann. Das Norovirus ist ein latentes Risiko für jedes Unternehmen, das in kurzer Zeit zu massiven Personalausfällen führen kann. Es gab bereits mehrere Norovirus-Infektionswellen in Krankenhäusern, Hotels und auf Ausflugsschiffen. Auch Unternehmen können von einer solcher Epidemie betroffen werden. Dann fällt in kurzer Zeit eine große Anzahl an Mitarbeitern aus. Fällt dies auch noch ausgerechnet in die Urlaubszeit oder in die Peak-Season des Business, dann kann es ganz schnell kritisch werden. Daher ist das Szenario “Personalausfall” ein wesentlicher Bestandteil der Notfallvorsorge und Geschäftsfortführungsplanung im BCM und nicht nur Teil eines Pandemieplans.
Das Bulletin des RKI beschreibt eindrücklich, wie schnell eine Infektionswelle auftreten kann und in kurzer Zeit viele Personen infiziert wurden. Weitere Beispiele gibt es in den bcm-news.
In einem Vier-Sterne Wellness-Hotel im hessischen Bad Salzschlirf ist eine Massen-Erkrankung unter den Gästen ausgebrochen, wie welt online berichtet. Statt Wellness zu genießen leiden die Gäste unter Durchfall und Erbrechen. 30 Gäste mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Vor dem Eingang stauten sich die Krankenwagen. Die Sanitäter trugen Schutzanzüge. Die Ursache für die Erkrankung ist noch unklar. In Betracht kommen Viren wie zum Beispiel das Norovirus und die Übertragungswege Wasser oder Lebensmittel aus der Hotel-Küche. Die Staatsanwaltschaft Fulda nahm Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung auf. Nicht betroffene Gäste sind aus Furcht vor einer Ansteckung abgereist.
Ein derartiges Szenario kann auch jederzeit ein Unternehmen treffen und unmittelbar die bisherigen Folgen der Schweinegrippe-Pandemie weit in den Schatten stellen. Neben der Versorgung der unmittelbar betroffenen Mitarbeiter ist hierbei auch, wie in diesem Hotel, die Wirkung auf die weiteren Mitarbeiter zu berücksichtigen. Die Lage wird dramatisch verschärft, wenn Mitarbeiter aus Furcht vor Ansteckung den Arbeitsplatz verlassen oder nicht zur Arbeit erscheinen. Eine schnelle zielgerichtete Information und Kommunikation und unmittelbar eingeleitete Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter ermöglicht die Aufrechterhaltung der wesentlichen Prozesse. Gut, wenn dies bereits einmal in einer Übung geprobt wurde.
Ein Ausflugsschiff mit einer englischen Reisegruppe wurde in der vergangenen Woche wegen des Ausbruchs des hochansteckenden Norovirus unter Quarantäne genommen.
Wegen der Ansteckungsgefahr durften Passagiere das Schiff nach dem ausserplanmäßigen Stopp bei Boppard nicht verlassen. Ein Teil der infizierten Passagiere wurden in Krankenhäusern behandelt, weitere Passagiere an Bord vom DRK. Das Schiff wurde gründlich desinfiziert und konnte mittlerweile seine Weiterreise antreten.
Mehrfach bereits hatte bcm-news über Norovirus-Fälle berichtet. Mehrmals gab es bereits massive Virus-Erkrankungen auf Kreuzfahrtschiffen und Kliniken.
Auch in Unternehmen kann der Ausbruch des Norovirus in kurzer Zeit den Geschäftsbetrieb massiv beeinträchtigen. Neben dem Ausfall zahlreicher Mitarbeiter innerhalb kurzer Zeit aufgrund der hohen Ansteckungsrate sind umfangreiche Desinfektionsmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung notwendig.
Wie im Falle von Pandemien sind einfache Maßnahmen zur Hand- und Toilettenhygiene Erfolgsfaktoren zur Vorbeugung und Eindämmung von Infektionen.
Die Norovirus-Welle nimmt auch in Deutschland weiter zu und belastet die Krankenhäuser. In Fritzlar war von 60 Betten in der internistischen Abteilung zeitweise jedes zweite Bett mit einem Norovirus-Patienten belegt. Das Klinikum Rotenburg hat bis Montag ein weitgehendes Besuchsverbot verhängt.
Ein ganz kleiner Vorgeschmach auf das, was uns bei einer tatsächlichen Pandemie erwarten würde!
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