Wie sag ich’s meinem Vorstand?

“BCM vermarkten – Millionenbudgets in Minuten!”, mit diesem Buchtitel wäre wohl ein Bestseller in der BCM-Community garantiert. Es gibt gefühlt 100.000e von Büchern zum Thema Verkaufen. Warum wohl? Weil noch keiner den Schlüssel zum Erfolg hierfür gefunden hat. Dann bräuchte es nur eine Verkaufs-Bibel. Da ich leichtsinnigerweise nach Themenwünsche für die BCM-News gefragt habe und der “Verkauf von BCM” auf der Wunschliste stand, darf ich mich mal vorsichtig diesem schwierigen Thema annähern, ohne mit der Drohung beginnen zu müssen, dass der Stein des Weißen auch bei mir nicht aufgefunden wurde. Da ich ein paar Jahre meines Berufslebens als Vertriebsleiter in einem mittelständischen Unternehmen zugebracht habe, durfte ich mich mit Vertrieb und Verkauf intensiv auseinandersetzen und habe auch ein paar Lektionen lernen dürfen. Meine wichtigste Erkenntnis, trivial aber wirkungsvoll: versetze dich so gut als möglich in dein Gegenüber. Verstehe die Erwartungen, Wünsche und Ängste deines Verhandlungspartners so gut als möglich. Henry Ford hat dies auf den Punkt gebracht: „Das Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des Anderen zu verstehen.“

Was bedeutet dies für den Verkauf unseres Produkts “Business Continuity Management” an die Mitarbeiter und Vorstände? Wir müssen verstehen, was die Vorstände und Kollegen an BCM interessiert und nicht erzählen, warum wir unser Thema so wichtig und unersetzlich empfinden.

Ich möchte dies einfach an zwei Argumentationsketten veranschaulichen. Entscheiden Sie selbst, welcher Argumentationskette Sie in der Rolle des Vorstands folgen würden.

Variante 1:

  • Wir müssen BCM machen, weil es vorgeschrieben ist. Wenn wir es nicht tun, erhalten wir Sanktionen
  • Wir müssen im BCM alle Prozesse des Unternehmens analysieren
  • Für alle möglichen Szenarien müssen wir Notfallpläne erstellen
  • Wir müssen alle Notfallpläne regelmäßig testen und üben
  • Hierfür benötigen wir xxx Euro Budget

Variante 2:

  • Mit dem Business Continuity Management möchten wir sicherstellen, dass wir unsere Kunden auch bei Störungen und Notfällen mit unseren Produkten und Services versorgen können und wir möglichst keine Kunden und Umsatz verlieren
  • Dies kommt auch den zunehmenden Anforderungen unserer Kunden entgegen, die einen Nachweis unserer Notfallfähigkeit vertraglich einfordern. Ohne diesen Nachweis werden wir in Zukunft Kunden und Geschäfte verlieren
  • Wir konzentrieren uns hierbei auf die geschäftskritischen Prozesse und deren Ressourcen
  • Dabei identifizieren wir die Zusammenhänge zwischen diesen Prozessen, der notwendigen IT, den kritischen Dienstleistern und anderen Ressourcen
  • Auch andere Fachabteilungen profitieren von diesen Ergebnissen: die IT kann sich auf die geschäftskritischen IT-Anwendungen und Systeme konzentrieren, das Risikomanagement erhält Informationen über Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensfolgen, die Organisation erhält vertiefte Informationen über die Prozessabhängigkeiten
  • Die Fachbereiche mit kritischen Geschäftsprozessen erarbeiten unter Anleitung des zentralen BCM Notfallkonzepte und -pläne, um in einem Notfall schnell handlungsfähig zu sein
  • Die Fachbereiche üben diese Notfallpläne regelmäßig, um sie einzuüben und laufend zu verbessern im Sinne eines Qualitätsmanagements
  • Für diesen Invest in die Sicherheit des Unternehmens benötigt das BCM ein Budget in Höhe von xxx Euro.

Dies ist zugegebenermaßen plakativ, soll aber verdeutlichen, welche Argumente für BCM ankommen. Das Drohen mit der rechtlichen und regulatorischen Keule verliert mit zunehmenden Einsatz seine Wirkung.

So, jetzt bin ich gespannt auf Ihre Kommentare und Rückmeldungen zu meiner ersten Annäherung an dieses schwierige Thema.

Ihr Matthias Hämmerle

be prepared

 

Malaysia Airlines kämpft nach zwei Katastrophen ums Überleben – “too big to die”?

Malaysia Airlines wurde mit den Abstürzen der Maschinen MH370 und MH17 kurz hintereinander mit den schwersten Flugzeugkatastrophen getroffen. Bei beiden Unglücken ist die Ursache und der Hergang noch nicht geklärt. MH370 verschwand unter ungeklärten Umständen über Asien, MH17 wurde offensichtlich über der Ukraine abgeschossen. Beide Unglücke in naher zeitlicher Abfolge scheint die Fluglinie jetzt von mehreren Seiten in existenzielle Bedrängnis zu bringen. Medienberichten zufolge verlassen zahlreiche Mitarbeiter das Unternehmen. Auf der anderen Seite ist das Vertrauen in die Sicherheit der Airline so angeschlagen, dass fast leere Maschinen unterwegs sind. Einem Analysten zufolge verliert die Airline zwei Millionen US-Dollar – täglich.
Es gibt sicherlich zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen, die das Überleben nach einem Notfall nicht geschafft haben. Beispiele von namhaften Unternehmen, wie zum Beispiel börsennotierte Unternehmen, die einen Notfall nicht überlebt haben und aus diesem Grund völlig vom Markt verschwunden sind, sind mir nicht bekannt (bitte ansonsten per Kommentar nachhelfen). Selbst Unternehmen, die große Katastrophen verursacht haben, wie Tepco mit Fukushima oder BP mit Deepwater Horizon haben die gravierenden Folgen dieser Katastrophen zumindest überlebt. Auch wenn diese Unternehmen sicherlich danach nicht mehr die gleichen waren, wie zuvor. Hierzu zählt auch, dass Unternehmen nach einer Katastrophe finanziell so geschwächt sind, dass sie Unternehmensteile verkaufen müssen (Bsp. BP) oder von Mitbewerbern übernommen werden. Bei politisch / strategisch wichtigen Unternehmen steigen dann sogar die Staaten als Anteilseigner ein (Bsp. Tepco). Die Chance, Notfälle und Katastrophen durch schiere Größe und Marktmacht überstehen zu können, gibt es sicherlich für Unternehmen. “Too big to die” will ich dies hier einmal nennen, in Abwandlung des Begriffes “too big to fail” aus der Finanzdienstleistungskrise. Dies gilt jedoch nicht für das Management der Unternehmen. Die Chance eine Katastrophe so gut zu bewältigen, dass dies nicht den Job kostet, ist doch im Gegensatz zum Unternehmen selbst, sehr gering. Der Austausch des Managements – oder Teilen davon – ist zudem ein leichter und schneller Schritt, um den Medien und der Öffentlichkeit einen Neuanfang zu demonstrieren. Deshalb sollte gerade das Management der großen Unternehmen (Geschäftsführer und Inhaber von KMU sowieso!) ein lebhaftes Interesse an einer funktionierenden Notfallvorsorge oder sogar an einem resilienten Unternehmen sowie einem handlungsfähigen Krisenmanagement haben. Denn es sichert in erster Linie den eigenen Job! Das Unternehmen wird die Katastrophe wahrscheinlich überstehen, der Manager muss hingegen gehen!
Zurück zu Malaysia Airlines. Wahrscheinlich ist auch dieses Unternehmen “too big to die” und wird durch den Staat gerettet. Der Zündmechanismus an den Stühlen des Managements ist allerdings schon scharf gestellt. Auch wenn diese möglicherweise die beiden Katastrophen gar nicht zu verantworten haben.