Bundesregierung: Strukturelle und kommunikative Konsequenzen aus der EHEC-Krise

Auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 17/6806) nimmt die Bundesregierung Stellung zu den Konsequenzen aus der EHEC-Krise.

“Die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung und zwischen Bund und Ländern hat von Beginn des Ausbruchgeschehens an gut funktioniert. Das BMELV hat als zuständiges Ressort für die Lebensmittelsicherheit einen Krisenstab einberufen, in den das BMG und das RKI eingebunden waren. Beim RKI wurde unverzüglich das Lagezentrum zur Koordinierung der Untersuchungsaktivitäten im humanmedizinischen Bereich und zum schnellen Informationsaustausch aktiviert. Die fachliche Zusammenarbeit zwischen dem RKI,dem BfR und dem BVL war zielorientiert und hat gut funktioniert.”

“Grundsätzlich setzt das von der Krisenlage überwiegend betroffene Ressort seinen Krisenstab oder einen ressortgemeinsamen Krisenstab ein. Durch die Entsendung von Verbindungsbeamten und Fachberatern anderer Ressorts und Behörden in diesen Krisenstab ist sichergestellt, dass alle von der Krisenlage betroffenen Ressorts und Behörden mit ihrer jeweiligen Fachexpertise den Krisenstab/Leitung des Krisenstabes beraten und unterstützen.”

“Als erste Konsequenz aus dem Geschehen ist im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsvorhabens zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften eine substanzielle Beschleunigung des Melde- und Übermittlungsweges
für Infektionskrankheiten vorgesehen. Namentliche Meldungen durch Ärztinnen und Ärzte sollen danach künftig spätestens innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt und von dort spätestens innerhalb von drei Tagen an das RKI übermittelt werden.”

Lesezeichen: “So vermeiden Sie Katastrophen”, HBM 06/2011

Katastrophen werden in der Regel durch zahlreiche kleine Fehler vorher angekündigt. Wer auf diese “schwachen Signale” achtet, kann Krisen vermeiden. Dies ist das Thema des sehr lesenswerten Artikels zum Risikomanagement im Harvard Business Manager. An den Beispielen “Ölkatastrophe von BP im Golf von Mexiko”, “Antennenprobleme beim iPhone4”, “Gaspedal Toyota in den USA”, “Jetblue” sowie psychologischer Studien zeigen die Autoren auf, dass es vor Eintreten der Krise zahlreiche schwache Signale gegeben hat, die die Krise angekündigt haben. Effekte der selektiven Wahrnehmung des Menschen, die “Normalisierung” und “Outcome Bias” verhindern, dass wir diese Signale richtig deuten. Die Autoren geben uns sieben Strategien an die Hand, um diese Wahrnehmungsfehler vermindern zu können.

Das Konzept der schwachen Signale ist schon etwas älter. Ansoff hat bereits in den siebziger Jahren das Konzept der “weak signals” im Rahmen der Risikofrüherkennung beschrieben. Der Artikel überträgt die Erkenntnisse auf aktuelle Beispiele und gibt konkrete Handlungsempfehlungen. Ein klarer Lesetipp für alle Risiko- und BC Manager.

Neues Handbuch des BBK: Psychosoziales Krisenmanagement in CBRN-Lagen

Schadenslagen mit der Freisetzung chemischer Schadstoffe, biologischer Agenzien oder radioaktiver Stoffe gehören zunehmend zum Arbeitsalltag der Feuerwehren. Hohe technische Anforderungen, ein schwer kalkulierbares Verhalten der Bevölkerung und die durch die Persönliche Schutzausrüstung schwierige Kommunikation mit Betroffenen machen CBRN-Lagen zu Einsätzen mit hoher psychischer Belastung.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) entwickelte gemeinsam mit der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern und weiteren Fachleuten spezielle Ausbildungskonzepte mit psychosozialen Handlungsempfehlungen für operative Kräfte und Führungskräfte.

In dem Handbuch werden Handlungsempfehlungen vorgestellt.

[BBK; Download und Bezug]

Aktualisierter Leitfaden des BMI “Schutz Kritischer Infrastrukturen

Das Bundesministerium des Inneren BMI hat im Juni einen aktualisierten Leitfaden “Schutz Kritischer Infrastrukturen – Risiko- und Krisenmanagement (Leitfaden für Unternehmen und Behörden)” veröffentlicht.

“Der Leitfaden richtet sich an die Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Er soll ihnen Hilfestellungen beim Aufbau und der Weiterentwicklung ihres jeweiligen Risiko- und Krisenmanagements geben. Auf Grundlage der allgemeinen Empfehlungen des Basisschutzkonzeptes zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (Bundesministerium des Innern, 2005) stellt er Methoden zur Umsetzung eines Risiko- und Krisenmanagements dar und ergänzt diese um praktische Handreichungen in Form von Beispielen und Checklisten.”

Robert Koch Institut veröffentlicht Epidemie-Kurve von EHEC/HUS – Lessons learned für das Krisenmanagement

Das Robert Koch Institut RKI hat den Verlauf der Erkrankungen an EHEC/HUS anhand einer Epidemie-Kurve aufgezeichnet. Der Verlauf der Erkrankungen anhand des Erkrankungsbeginn zeigt deutlich, wie schnell der Maximalwert der Erkrankungen erreicht wird. Innerhalb nur weniger Tage steigt die Zahl der Erkrankten deutlich an. Für das Krisenmanagement bedeutet dies, dass schnell Maßnahmen zur Eindämmung der Neu-Infektionen getroffen werden müssen. Leider hat die EHEC-Epidemie wiederum gezeigt, dass die Klärung der Infektionsquelle einen eigenen, viel längeren Zeitverlauf, benötigt. Entscheidungen und Maßnahmen müssen daher zu Beginn des Ausbruchs unter Unsicherheit getroffen werden. Dies wiederum ist ein typisches Merkmal der Entscheidungssituation von Krisenstäben: hoher Handlungs- und Entscheidungsdruck bei unsicherer Informationslage. Dies erhöht natürlich auch in der Folge das Risiko von Fehlentscheidungen. Bei EHEC/HUS hat es die Gemüsebauern, insbesondere die spanischen Gurken-Bauern getroffen. Es liegt jetzt in der Verantwortung der Politik, die geschädigten Landwirte, auf Kosten der Steuerzahler, zu entschädigen. Es sollte allerdings hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass mit Entscheidungen gewartet werden muss, bis Klarheit über die Ursache besteht. Bei der EHEC/HUS-Infektion in Japan ist diese Ursache bis heute nicht endgültig geklärt. Mitglieder von Krisenstäben müssen den Mut aufbringen, schnelle Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen hieraus zu tragen. Gerade dies macht die besondere Verantwortung eines Krisenstabs aus und kennzeichnet die besonderen Anforderungen an die Leiter und Mitglieder von Krisenstäben. Professionelle Krisenstäbe bei Polizei und Feuerwehren erfahren dies in der täglichen Praxis. Mitglieder von Krisenstäben “normaler” Unternehmen und Organisationen stellt dies vor ganz besondere Herausforderungen. Gut wenn dies vor dem Ernstfall in Übungen trainiert ist.

Wer soll die Entscheidungen in einer Krise treffen?

Die Fragestellung wie Entscheidungen über und in einer Krise getroffen werden ist ein Dauerthema im BCM und Krisenmanagement. Es gibt die unterschiedlichsten Sichtweisen darauf. Soll es einen Entscheider geben, der auf Basis der Beratungen der Mitglieder des Krisenstabs die Entscheidungen über das Vorliegen einer Krise und die Maßnahmen trifft? Oder sollen die Entscheidungen als Gruppe getroffen werden, gegebenenfalls mit einem Abstimmprozess? Für beide Entscheidungsmodelle gibt es gute Argumente. Das Modell des alleinigen Entscheiders bietet die Voraussetzungen für schnell Entscheidungsfindungen, abhängig von der Person des Entscheiders. Es wird keine Zeit durch Debatten und Abstimmverfahren verloren. Auf der anderen Seite bürdet es dem Entscheider ein sehr hohes Maß an Verantwortung auf. Viele professionelle Krisenstäbe bei Polizei und Feuerwehren arbeiten nach diesem Prinzip.

Das Vorgehen, Entscheidungen in einer Gruppe, also zum Beispiel als abgestimmtes Ergebnis des Krisenstabs, zu treffen, ist stark konsensorientiert. Die Verantwortung wird auf mehrere Schultern gelegt. Nicht ein Einzelner kann bei Fehlentscheidungen als “Sündenbock” herhalten müssen. Auf der anderen Seite kosten Abstimmungen Zeit und das Verfahren muß in der Geschäftsordnung des Krisenstabs festgelegt und dokumentiert sein.

Dennis Hamilton FBCI vertritt in seiner sehr lesenswerten  Artikelserie in BCMNOW die These, dass das Entscheidungsverfahren professioneller Krisenmanagementorganisationen nicht auf normale Unternehmen und Organisationen übertragen werden sollte. Unter der Überschrift  ‘Can The Majority Be Wrong?’ empfiehlt er für Organisationen, die keine speziellen Krisenmanagementorganisationen sind (Bsp. BOS – Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben), die Entscheidungen als Gruppenentscheidungen auf Basis des Mehrheitsprinzips zu treffen.

Diese Meinung teilt bestimmt nicht jeder Leser. Hier daher eine kleine Umfrage zu dieser Fragestellung:


BCM NOW ist ein englischsprachiges BCM-Magazin, das Sie kostenfrei abonnieren können.

Die spektakuläre Notlandung im Hudson jährt sich zum zweiten Mal

Vor zwei Jahren, am 15. Januar 2009 musste Kapitän Sullenberger seinen Airbus A320 nach einem Vogelschlag mit einem Totalausfall der Triebwerke im Hudson River notlanden. Dank seiner Erfahrung und Coolness konnte Sullenberger alle Passagiere und Besatzungsmitglieder retten. Für mich immer noch ein eindrucksvolles Beispiel erfolgreichen Krisenmanagements.
Jetzt ist ein Buch erschienen, das 150 persönliche Geschichten beschreibt, die sich bei dieser Beinahe-Katastrophe abspielten:

Neuer Standard für das Krisenmanagement PAS 200 des BSI

Das britische BSI bereitet derzeit einen neuen Standard für das Krisenmanagement vor. Krisenmanagement ist ein wichtiger Part im BCM, wird aber durch die bestehenden Standards BS 25999-1, -2 nicht adressiert. Der neue PAS 200 (Publicly Available Specification) wird diese Lücke gegen Ende diesen Jahres schliessen:

Crises present organizations with complex and difficult challenges that may have profound and far-reaching consequences, sometimes irrespective of how successfully they are seen to be managed.  These consequences can be very damaging if it is perceived that the organization has failed to prepare for, manage or recover from a crisis – to the extent that there is a risk of significant damage to reputation and possibly a total collapse of the business and its operations. This suggests that directors should give careful consideration to their organization’s resilience and its ability to deal with crises. This PAS provides a summary of good practice in crisis management, and has been written specifically for those with strategic responsibilities in organizations. (BSI)

Um über das Erscheinen des PAS 200 infomiert zu werden, kann man sich hier in die Mailingliste beim BSI eintragen.

Hintergründe zur Aufklärung des Tods der drei Säuglinge in der Mainzer Uniklinik

Der tragische Tod der drei Säuglinge in der Mainzer Uniklinik hat in den vergangenen Tagen für sehr große mediale Aufmerksamkeit gesorgt und viel Wirbel auf der politischen Bühne. Im Hintergrund haben die Experten fieberhaft daran gearbeitet, die Ursachen für die Infektionen zu ermitteln. Weiterlesen…

Hardcore-Krisenmanagement

Wenn dieses Krisenmanagement-Vorgehen in den USA funktioniert hätte, müssten wir jetzt die Krisenstäbe mit reichlich Pornomaterial ausstatten. Ranghohe Mitarbeiter der US-Börsenaufsicht SEC haben laut einer internen Untersuchung der SEC stundenlang Pornos geschaut, während die Finanzmarktkrise tobte. Offensichtlich reichte die Krise nicht aus, um den Adrenalin- und Hormonpegel der SEC-Mitarbeiter in Wallung zu bringen. Auf der anderen Seite ließ sich auch keine Korrelation zwischen dem Anschauen der Pornofilme und der Bewältigung der Finanzmarktkrise nachweisen, so daß die Mitarbeiter jetzt mit einem Disziplinarverfahren oder der Entlassung rechnen müssen. Etwas heikel zu begründende Beschaffungsanträge für die Ausstattung der Lagezentren bleiben uns somit noch einmal erspart!

Quelle: n-tv