Kürzere Meldefristen für Infektionskrankheiten beschlossen

Der EHEC-Ausbruch im Mai/Juni 2011 hat Defizite in der Kommunikation zwischen Bundes- und Länderbehörden aufgezeigt. Insbesondere die wöchentlichen Meldefristen standen der Notwendigkeit eines schnellen Handelns entgegen. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr forderte daher kürzere Meldefristen für Infektionskrankheiten. Der Gesetzesentwurf landete jedoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, da es ein Kostenstreit zwischen Bund und Länder über die Infektionsvorsorge an Flughäfen und Häfen gab. Am vergangenen Dienstag hat der Vermittlungsauschuss das neue Gesetz beschlossen. Demnach müssen Gesundheitsämter künftig den Ausbruch schwerer Infektionskrankheiten spätestens am folgenden Arbeitstag an das Robert-Koch-Institut in Berlin melden. Bisher waren wöchentliche Meldungen vorgesehen.

Droht uns eine neue EHEC-Infektionswelle?

Derzeit werden in der Presse wieder gehäuft Fälle von EHEC-Infektionen herausgegriffen und berichtet. Gerade heute ist dies wieder der Fall. Bei allen berichteten Fällen verlief die Infektion harmlos. Um diese Presse-Meldungen in einen Kontext zu stellen: dem Robert Koch Institut RKI liegen für 2012 bislang insgesamt 121 Meldungen über EHEC-Infektionen vor (Quelle: Robert Koch-Institut: SurvStat, http://www3.rki.de/SurvStat, Datenstand: 29.02.2012). Für den Serotyp O104:H4, der für die schwere Infektionswelle 2011 mit 53 Todesfällen verantwortlich war, liegen für das Jahr 2012 bislang keine Meldungen vor. Wenn man sich diese Fakten vor Augen hält, handelt sich derzeit daher eher um von der Presse heraugegriffene Einzelfälle als um eine echte aktuelle Bedrohungslage einer neuerlichen schweren Infektionswelle.

EHEC-Erregertyp nach Todesfall in Hamburg identifiziert

Der EHEC-Erregertyp, an dem ein sechsjähriges Mädchen in Hamburg verstorben war, ist jetzt identifiziert. Es handelt sich um den Erregertyp der Serogruppe 0157. Die Epidemie im vergangenen Jahr wurde von einem Erreger der Serogruppe 0104 ausgelöst. Es besteht daher kein Zusammenhang mit der EHEC/HUS-Epidemie des vergangenen Jahres, an der über fünfzig Menschen starben, sondern es handelt sich um einen tragischen Einzelfall.

EHEC-Todesfall in Hamburg

In Hamburg ist laut einer Meldung des Spiegel ein sechsjähriges Mädchen an den Folgen einer EHEC-Infektion gestorben. Das Kind starb in der Nacht zum Sonntag in einem Krankenhaus in Hamburg an den schweren Nierenschäden.

Im vergangenen Jahr waren über 50 Menschen an einer EHEC/HUS-Infektion gestorben. Als Ursache wurden Bockshornkleesamen aus Ägypten identifiziert. Die Epidemie wurde im Juli vergangenen Jahres vom RKI als beendet erklärt. Ist dies ein neuerlicher Ausbruch der Epidemie?

Bereits vor wenigen Tagen war der EHEC-Erreger in einer Leipziger Kita aufgetreten. Mindestens zwei Kinder haben sich mit dem Erreger infiziert, haben sich aber mittlerweile von der Erkrankung wieder erholt.

Bundesregierung: Strukturelle und kommunikative Konsequenzen aus der EHEC-Krise

Auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 17/6806) nimmt die Bundesregierung Stellung zu den Konsequenzen aus der EHEC-Krise.

“Die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung und zwischen Bund und Ländern hat von Beginn des Ausbruchgeschehens an gut funktioniert. Das BMELV hat als zuständiges Ressort für die Lebensmittelsicherheit einen Krisenstab einberufen, in den das BMG und das RKI eingebunden waren. Beim RKI wurde unverzüglich das Lagezentrum zur Koordinierung der Untersuchungsaktivitäten im humanmedizinischen Bereich und zum schnellen Informationsaustausch aktiviert. Die fachliche Zusammenarbeit zwischen dem RKI,dem BfR und dem BVL war zielorientiert und hat gut funktioniert.”

“Grundsätzlich setzt das von der Krisenlage überwiegend betroffene Ressort seinen Krisenstab oder einen ressortgemeinsamen Krisenstab ein. Durch die Entsendung von Verbindungsbeamten und Fachberatern anderer Ressorts und Behörden in diesen Krisenstab ist sichergestellt, dass alle von der Krisenlage betroffenen Ressorts und Behörden mit ihrer jeweiligen Fachexpertise den Krisenstab/Leitung des Krisenstabes beraten und unterstützen.”

“Als erste Konsequenz aus dem Geschehen ist im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsvorhabens zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften eine substanzielle Beschleunigung des Melde- und Übermittlungsweges
für Infektionskrankheiten vorgesehen. Namentliche Meldungen durch Ärztinnen und Ärzte sollen danach künftig spätestens innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt und von dort spätestens innerhalb von drei Tagen an das RKI übermittelt werden.”

RKI betrachtet EHEC-Ausbruch als beendet

Nachdem der letzte Erkrankungsbeginn mit EHEC drei Wochen zurückliegt und es keine Neuinfektionen gibt, betrachtet das Robert Koch Institut RKI den EHEC-Ausbruch als beendet. In den Informationen zum EHEC-Ausbruch berichtet das RKi von insgesamt 4.321 EHEC/HUS-Erkrankungen mit 50 Todesfällen.

“Aktuelle Ermittlungsergebnisse ergaben keine Hinweise, dass andere Samenarten als Bockshornkleesamen mit EHEC-Infektionen in Zusammenhang stehen. Aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen sowie Sprossen und Keimlinge, die aus diesen Samen gezogen wurden, sollten aber weiterhin nicht roh verzehrt werden.”

Bundesbehörden heben Warnungen vor dem Verzehr von Sprossen und Keimlingen auf

Die Bundesbehörden RKI, Bundesinstitut für Risikobewertung sowie Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit haben die Verzehrwarnungen für Sprossen und Keimlinge aufgehoben:

“Aus Sicht der Bundesbehörden gibt es nach Vorlage weiterer Informationen aus den Bundesländern keinen Grund mehr für die Empfehlung, zum Schutz vor Infektionen mit EHEC O104:H4 Sprossen und Keimlinge generell nicht roh zu verzehren. Die aktuellen Ermittlungsergebnisse ergaben keine Hinweise, dass andere Samenarten als Bockshornkleesamen mit EHEC-Infektionen in Zusammenhang stehen. Aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen sowie Sprossen und Keimlinge, die aus diesen Samen gezogen wurden, sollten aber weiterhin nicht roh verzehrt werden.”

“Sollten in Privathaushalten noch Bockshornkleesamen für Sprossen und Keimlinge vorhanden sein, die in den Jahren 2009 bis 2011 gekauft wurden, sollten diese mit dem Restmüll entsorgt werden. Dies trifft auch für Samenmischungen zu, die Bockshornkleesamen enthalten.”

Deutsche Bauern melden 16 Millionen Euro Schaden durch Ehec

Nach dem Einbruch des Marktes für Gemüse als Folge der Ehec-Epidemie haben die 10.000 deutschen Gemüsebauern einen Schaden von 16 Millionen Euro an die Landesbehörden gemeldet. Damit fallen die Schäden weit geringer aus als ursprünglich befürchtet. Der deutsche Bauernverband hatte mit Schäden von 75 Millionen Euro gerechnet. Europaweit stehen rund 210 Millionen Euro für Entschädigungen zur Verfügung. Hart hat es insbesondere auch die spanischen Anbauer von Gurken getroffen, die zunächst im Verdacht standen, die Ehec-Epidemie ausgelöst zu haben. Die spanischen Bauern schätzen ihre Einnahmeausfälle auf rund 200 Millionen Euro, die holländischen Produzenten sprechen gar von 350 Millionen Euro. Mittlerweile wurden Bockshornkleesamen aus Ägypten als Verursacher der Epidemie identifiziert. 48 Menschen starben, über 4.000 sind zum Teil schwer erkrankt und mit bleibenden Nierenschäden. Die Infektionswelle ist mittlerweile abgeflaut. Die letzte Erkrankung mit dem Erreger EHEC-O-104 war am 07. Juli diesen Jahres.

 

BfR: Samen von Bockshornklee mit hoher Wahrscheinlichkeit für EHEC O104:H4 Ausbruch verantwortlich

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat mit hoher Wahrscheinlichkeit den Verursacher der EHEC/HUS-Infektionen ausgemacht:

Die Rückverfolgung von Samenlieferungen in Deutschland und anderen EU-Staaten durch die deutschen Behörden und die Task Force der EFSA haben ergeben, dass bestimmte Chargen von Bockshornkleesamen mit den EHEC-Ausbrüchen in Deutschland und Frank-reich in Verbindung stehen, was durch die Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vom 29. Juni 2011 bestätigt wird. Nach Angaben der EF-SA wurden diese Chargen aus Ägypten importiert.

Deshalb hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine vorläufige Risikobewertung zur Bedeutung dieser Sprossen und Sprossensamen im Zusammenhang mit dem Aus-bruchsgeschehen von EHEC O104:H4 in Deutschland vorgenommen. Das BfR kommt zu dem Schluss, dass zur Sprossenherstellung verwendete Bockshornkleesamen mit großer Wahrscheinlichkeit Ursache des Ausbruchs waren.

Stellungnahme Nr. 022/2011 des BfR vom 30. Juni 2011

Behörden schliessen Grundschule nach EHEC-Ausbruch

Nachdem drei Schüler an der Grundschule im ostwestfälischen Altenbeken an EHEC/HUS erkrankten und bei weiteren Mitarbeitern der Essensausgabe und des Caterers EHEC nachgewiesen wurde, entschlossen sich die Behörden in Abstimmung mit dem Robert Koch Institut zur Schließung der Schule für eine Woche. Die Ursache der Infektionen ist noch unklar.
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Dies bestätigt die Aussage des Präsidenten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel, dass auch in Zukunft weiter mit EHEC-Infektionen zu rechnen ist. Auch das RKI gibt keine Entwarnung „Mit einigen Neuinfektionen ist in jedem Fall zu rechnen, da der Erreger durch Schmierinfektion auf andere Menschen übertragen werden kann, wenn Menschen den Erreger ausscheiden und sich die Hände nicht waschen“, so RKI-Präsident Reinhard Burger.

Das Umweltbundesamt schließt eine Gefahr für das Trinkwasser durch den aggressiven Ehec-Keim aus und warnt vor Panikmache.

Seit Ausbruch der Epidemie sind 43 Personen an EHEC/HUS gestorben. Auch in Frankreich gibt es Infektionsfälle. Zehn Franzosen in Bordeaux leiden an einer EHEC-Infektion.

Robert Koch Institut veröffentlicht Epidemie-Kurve von EHEC/HUS – Lessons learned für das Krisenmanagement

Das Robert Koch Institut RKI hat den Verlauf der Erkrankungen an EHEC/HUS anhand einer Epidemie-Kurve aufgezeichnet. Der Verlauf der Erkrankungen anhand des Erkrankungsbeginn zeigt deutlich, wie schnell der Maximalwert der Erkrankungen erreicht wird. Innerhalb nur weniger Tage steigt die Zahl der Erkrankten deutlich an. Für das Krisenmanagement bedeutet dies, dass schnell Maßnahmen zur Eindämmung der Neu-Infektionen getroffen werden müssen. Leider hat die EHEC-Epidemie wiederum gezeigt, dass die Klärung der Infektionsquelle einen eigenen, viel längeren Zeitverlauf, benötigt. Entscheidungen und Maßnahmen müssen daher zu Beginn des Ausbruchs unter Unsicherheit getroffen werden. Dies wiederum ist ein typisches Merkmal der Entscheidungssituation von Krisenstäben: hoher Handlungs- und Entscheidungsdruck bei unsicherer Informationslage. Dies erhöht natürlich auch in der Folge das Risiko von Fehlentscheidungen. Bei EHEC/HUS hat es die Gemüsebauern, insbesondere die spanischen Gurken-Bauern getroffen. Es liegt jetzt in der Verantwortung der Politik, die geschädigten Landwirte, auf Kosten der Steuerzahler, zu entschädigen. Es sollte allerdings hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass mit Entscheidungen gewartet werden muss, bis Klarheit über die Ursache besteht. Bei der EHEC/HUS-Infektion in Japan ist diese Ursache bis heute nicht endgültig geklärt. Mitglieder von Krisenstäben müssen den Mut aufbringen, schnelle Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen hieraus zu tragen. Gerade dies macht die besondere Verantwortung eines Krisenstabs aus und kennzeichnet die besonderen Anforderungen an die Leiter und Mitglieder von Krisenstäben. Professionelle Krisenstäbe bei Polizei und Feuerwehren erfahren dies in der täglichen Praxis. Mitglieder von Krisenstäben “normaler” Unternehmen und Organisationen stellt dies vor ganz besondere Herausforderungen. Gut wenn dies vor dem Ernstfall in Übungen trainiert ist.

EHEC: BfR rät auch vom Verzehr selbstgezogener Sprossen ab

Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR rät auch vom Verzehr selbstgezogener Sprossen und Keimlinge ab. Nachdem die Spur der EHEC-Infektionen nach detektivischer Recherche inklusive Abfällen in Mülltonnen bis zu den Sprossen zurückverfolgt werden konnte, bleibt die Frage nach der ursächlichen Quelle immer noch offen. In Frage kommen die Samen aber auch Erde und das Wasser zur Bewässerung. Bei der schweren EHEC-Infektion in Japan war die Düngung mit Gülle Ursache der Infektionen. Das BfR hat jetzt Anhaltspunkte, dass bereits die Samen mit den Erregern belastet sind. In Niedersachsen sind die Infektionen in einer Familie offensichtlich auf diese Quelle zurückzuführen. Bei der Infektion der Samen hilft auch keine Küchenhygiene zum Schutz vor Infektionen. Das BfR rät daher vom Verzehr von rohen Sprossen und Keimlingen ab.

Aktuell gibt es 35 EHEC-Tote und rund 4.ooo Infektionen. 100 Patienten werden lebenslange schwere Folgeschäden davontragen. Viele dieser schwer erkrankten Patienten benötigen eine neue Niere.