Business Continuity Management gut versteckt

In der Finanzdienstleistungsbranche ist der Begriff Business Continuity Management mittlerweile ein gängiger Begriff. Die regulatorischen Anforderungen und die damit einhergehende Nutzung von Standards und Normen hat hier zu einem guten Begriffsverständnis dieser Disziplin geführt. In anderen Branchen wie zum Beispiel dem Gesundheitsbereich, der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau ist Business Continuity Management weit weniger bekannt.

Hieraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass dort kein BCM praktiziert wird, ist jedoch häufig ein Trugschluss. Das Business Continuity Management versteckt sich häufig nur in anderen Disziplinen und will aus seinem Dornröschenschlaf erweckt werden. In vielen Branchen hat das Qualitätsmanagement eine lange Tradition und eine große Bedeutung. Teile des BCM sowie des Prozessmanagements finde ich daher häufig im Qualitätsmanagement vor. Zur Sicherstellung der Qualität werden Prozessabläufe definiert und beschrieben sowie Verfahren bei Fehlern oder Ausfällen. Auch Risiko- und Supply Management sind sehr gute Anlaufpunkte, um bestehende Notfallvorsorgemaßnahmen zu identifizieren. Schließlich wissen Produktions- oder Schichtleiter aus ihrer Erfahrung heraus sehr gut mit Ausfällen von Anlagen und Produktionsprozessen umzugehen.

Oftmals muss daher in diesen Unternehmen kein BCM “von der Pieke auf” neu implementiert werden. Es gilt, die bereits bestehenden Ansätze zu identifizieren und zusammenzufügen, sowie fehlende Bausteine zu ergänzen. Meist fehlt es schlichtweg an einer gesamtheitlichen und strukturierten Dokumentation, da sich viel Wissen und Erfahrung in den Köpfen der Mitarbeiter befindet. Es wäre schade und Ressourcenverschwendung, dieses bestehende Wissen nicht zu nutzen. Oftmals heißt es dann “Och das ist Business Continuity Management? – aber das machen wir doch schon”.

Eine echte Tragödie und mediale Katastrophe

Der Absturz der Germanwings-Maschine macht uns alle tief betroffen. Gerade als ehemaliger Pilot, der Verantwortung für das Wohlergehen für seine Passagiere getragen hat, bin ich selbst zutiefst von diesem Ereignis betroffen – das ich bis dato nicht für denkbar gehalten habe. Wir wissen aber auch, dass Ermittlungen nach Flugzeugunglücken Wochen, Monate oder gar Jahre dauern. Flugzeuge sind hoch komplexe Gebilde und was wirklich geschehen ist , kann erst final gesagt werden, wenn alle Puzzleteilchen zusammengetragen und ausgewertet sind.  Umso erschütterter bin ich über die Vorgehensweise von Staatsanwälten, Ermittlern und Medien. Offensichtlich berichten Ermittler direkt während der laufenden Untersuchungen an die Presse. Häuser und Wohnungen sind kaum untersucht, stehen die vermeintlichen Ergebnisse schon in bislang seriös aufgetretenen Nachrichtenportalen. So schnell, dass mittlerweile sogar schon spezielle Seiten für Korrekturen eingerichtet werden müssen. Zum Beispiel für die massenhafte Verbreitung eines falschen Bildes des Co-Piloten. Der flight recorder ist noch nicht geborgen und dennoch scheint der Hergang festzustehen, auch wenn viele Fragen noch offen sind. Auf dieser bislang sehr dünnen Faktenlage laufen ununterbrochen Sondersendungen, die keine richtigen Nachrichten vermitteln können und stattdessen Experten und Möchtegern-Experten vor die laufende Kamera zerren. Und was, wenn der Ablauf anders war?

Ich würde mir wünschen, dass die Untersuchungsbehörden ihre offensichtlich großen Informationslecks jetzt konsequent schließen, um sich auf ihre eigentliche Ermittlungsarbeit zu konzentrieren. Den seriösen Medien würde es gut anstehen, den Hype auf ein vernünftiges und angemessenes Maß der Berichterstattung zurückzufahren und nicht noch die Nichte oder den Onkel eines entfernten Verwandten vor die Kamera zu zerren. Bis wirklich Fakten auf dem Tisch liegen werden die BCM-News hierzu nicht berichten. Im Newsticker wird es weiterhin nur sehr ausgewählte Meldungen zu dem Ereignis geben. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer.

Malaysia Airlines kämpft nach zwei Katastrophen ums Überleben – “too big to die”?

Malaysia Airlines wurde mit den Abstürzen der Maschinen MH370 und MH17 kurz hintereinander mit den schwersten Flugzeugkatastrophen getroffen. Bei beiden Unglücken ist die Ursache und der Hergang noch nicht geklärt. MH370 verschwand unter ungeklärten Umständen über Asien, MH17 wurde offensichtlich über der Ukraine abgeschossen. Beide Unglücke in naher zeitlicher Abfolge scheint die Fluglinie jetzt von mehreren Seiten in existenzielle Bedrängnis zu bringen. Medienberichten zufolge verlassen zahlreiche Mitarbeiter das Unternehmen. Auf der anderen Seite ist das Vertrauen in die Sicherheit der Airline so angeschlagen, dass fast leere Maschinen unterwegs sind. Einem Analysten zufolge verliert die Airline zwei Millionen US-Dollar – täglich.
Es gibt sicherlich zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen, die das Überleben nach einem Notfall nicht geschafft haben. Beispiele von namhaften Unternehmen, wie zum Beispiel börsennotierte Unternehmen, die einen Notfall nicht überlebt haben und aus diesem Grund völlig vom Markt verschwunden sind, sind mir nicht bekannt (bitte ansonsten per Kommentar nachhelfen). Selbst Unternehmen, die große Katastrophen verursacht haben, wie Tepco mit Fukushima oder BP mit Deepwater Horizon haben die gravierenden Folgen dieser Katastrophen zumindest überlebt. Auch wenn diese Unternehmen sicherlich danach nicht mehr die gleichen waren, wie zuvor. Hierzu zählt auch, dass Unternehmen nach einer Katastrophe finanziell so geschwächt sind, dass sie Unternehmensteile verkaufen müssen (Bsp. BP) oder von Mitbewerbern übernommen werden. Bei politisch / strategisch wichtigen Unternehmen steigen dann sogar die Staaten als Anteilseigner ein (Bsp. Tepco). Die Chance, Notfälle und Katastrophen durch schiere Größe und Marktmacht überstehen zu können, gibt es sicherlich für Unternehmen. “Too big to die” will ich dies hier einmal nennen, in Abwandlung des Begriffes “too big to fail” aus der Finanzdienstleistungskrise. Dies gilt jedoch nicht für das Management der Unternehmen. Die Chance eine Katastrophe so gut zu bewältigen, dass dies nicht den Job kostet, ist doch im Gegensatz zum Unternehmen selbst, sehr gering. Der Austausch des Managements – oder Teilen davon – ist zudem ein leichter und schneller Schritt, um den Medien und der Öffentlichkeit einen Neuanfang zu demonstrieren. Deshalb sollte gerade das Management der großen Unternehmen (Geschäftsführer und Inhaber von KMU sowieso!) ein lebhaftes Interesse an einer funktionierenden Notfallvorsorge oder sogar an einem resilienten Unternehmen sowie einem handlungsfähigen Krisenmanagement haben. Denn es sichert in erster Linie den eigenen Job! Das Unternehmen wird die Katastrophe wahrscheinlich überstehen, der Manager muss hingegen gehen!
Zurück zu Malaysia Airlines. Wahrscheinlich ist auch dieses Unternehmen “too big to die” und wird durch den Staat gerettet. Der Zündmechanismus an den Stühlen des Managements ist allerdings schon scharf gestellt. Auch wenn diese möglicherweise die beiden Katastrophen gar nicht zu verantworten haben.

Der Mainframe lebt!

So langsam darf man sich je wieder als Dinosaurier outen und ganz leise neben den lauten Lobgesängen auf die Wunderleistungen verteilter Systeme und die “eierlegende Wollmichsau Cloud” den Vorteilen der Mainframes huldigen. “Vor allem die hohe Verfügbarkeit, Sicherheit, Performance und die zentralisierte Datenhaltung sorgen dafür, dass die Anwender an dieser Plattform festhalten wollen”, so eine BMC-Studie unter Mainframe-Nutzern. Die Migrationswilligkeit der Mainframe-Nutzer ist gering, denn sie schätzen die hohe Ausfallsicherheit dieser Systeme. Gerade in der Finanzdienstleistungsbranche, wo hohe Transaktionsvolumina bei sehr hoher Ausfallsicherheit  werden müssen, werden wir uns von unserem guten alten Mainframe (in moderem Gewand natürlich) nicht verabschieden müssen.

Kommentar: Die Verführungen eine Business Continuity Managers

Business Continuity Manager sind auch nur Menschen und auch in diesem Job lauern Verführungen, die den BC Manager leicht vom rechten Weg abbringen können. Das beginnt mit der Business Impact Analyse. Auf den Geschäftsprozessen soll sie basieren. Und natürlich Wertschöpfungsketten durch die gesamte (nationale und internationale) Organisation unter Einbeziehung der Dienstleister berücksichtigen. Geschäftsprozesse? Ein alter Hut, möchte man denken. Weiterlesen…

BCM-Glossar des BCI in der zweiten Auflage erschienen – über das Wirrwarr der BCM-Begriffe

Lyndon Bird FBCI hat sich die Mühe gemacht, Begriffe aus dem BCM zusammenzutragen und in dem Glossar zu beschreiben sowie jeweils die Referenzen zu den Standards anzugeben, in denen sie genutzt werden. Das englische Dictionary of Business Continuity Terms ist jetzt in der zweiten Auflage (Stand Januar 2012) erschienen. Weiterlesen…

11.09.2011: ein Tag des Gedenkens aber auch ein Quell der Kraft

Am heutigen 11. September ist der 10. Jahrestag der Anschläge in New York. Es ist so viel zu diesem Jahrestag geschrieben, verfilmt und in Reportagen aufgearbeitet worden dass ich nichts mehr hinzufügen möchte. Heute ist aber auch die Katastrophe von Japan sechs Monate her. 15.781 Menschen sind bei dieser fürchterlichen Naturkatastrophe gestorben, 4.086 Menschen sind noch vermisst und 83.000 Menschen haben ihr Zuhause verloren. 158.000 Menschen haben in den Katastrophengebieten ihre Arbeit verloren. Auch an alle diese Menschen wollen wir heute denken.

Der Rückblick auf die Ereignisse in New York und Japan ist auf der anderen Seite aber auch ein Quell der Kraft und Hoffnung. Cantor Fitzgerald hat bei den Anschlägen in New York zwei Drittel seiner Mitarbeiter verloren. 658 von 960 Mitarbeiter kamen bei den Anschlägen ums Leben. In einer unglaublichen Kraftanstrengung wurde das Unternehmen um die wenigen verbliebenen Mitarbeiter herum wieder aufgebaut. Ganze Geschäftszweige mussten aufgegeben werden, da die Mitarbeiter mit den erforderlichen Kompetenzen plötzlich fehlten. Das Unternehmen ist wieder voll am Markt, aber es ist ein anderes Unternehmen mit einer ganz besonderen Verantwortung gegenüber den Familienangehörigen der getöteten Mitarbeiter.

In Japan wurden nach dem schweren Erdbeben, Tsunami und Nuklearunfall innerhalb von sechs Monaten bereits 49.000 Behelfsunterkünfte gebaut.  Dies sind bereits 94 Prozent der geplanten Not-Unterkünfte. In einer großen Kraftanstrengung spart die ganze Nation Energie und beteiligt sich am Wiederaufbau.

Diese Ereignisse zeigen, welche übermenschlichen Kräfte nach solchen Katastrophen mobilisiert werden können. Dass dies auf der anderen Seite leider nicht immer gelingt zeigt das Beispiel Haiti, das nach einem schweren Erdbeben am 12. Januar 2010 noch immer mit dem Wiederaufbau kämpft. Wo diese eigene Kraft zum Wiederaufbau fehlt, ist unsere Hilfe notwendig. Auch an diese Menschen sollten wir an diesem Tag denken.

Vom Möglichen und Wahrscheinlichen – Schnittstellen zwischen BCM und Risikomanagement

Über die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Schnittstellen zwischen Business Continuity Management und Risikomanagement wird derzeit heftig diskutiert. Wichtig bei dieser fruchtbaren – manchmal aber auch furchtbaren -Diskussion, ist aus meiner Sicht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Disziplinen herauszuarbeiten um Synergien identifizieren zu können. Weiterlesen…

Lesezeichen: Kritis in der c´t Nr. 4 vom 31.01.2011

Das Computermagazin c´t berichtet in der aktuellen Ausgabe über den Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS) in Deutschland. Kritisch betrachet wird in diesem Artikel von Christiane Schulzki-Haddouti die international unterschiedliche Einschätzung der Kritikalität der Branchen. Während die USA laut Wikileaks die Chemie- und Pharmabranche als sehr kritisch eingeschätzen, liegt in Deutschland bei KRITIS der Fokus eher auf den Branchen Energie, IT, Telekommunikation und Finanzdienstleistung. Insbesondere weist KRITIS mit dem “Nationalen Plan zum Schutz der Informationsinfrastrukturen” eine starke IT-Lastigkeit auf. Die Autorin legt den Finger in die richtige Wunde, indem sie die Vielfältigkeit der Zuständigkeiten in Deutschland reklamiert. Dies stellt auch aus meiner Sicht die größte Herausforderung für die Umsetzung von KRITIS in Deutschland oder gar in Europa dar. Es ist noch ein langer Weg vor uns. Hoffentlich lässt uns auch die Realität so viel Zeit für die Umsetzung.