Wie das Unternehmen Wiedemann die Evakuierung eines Werks nach einer Bombendrohung bewältigte
Am Donnerstag nachmittag 7. August ging bei der Telefonzentrale der Firma Wiedemann in Sarstedt ein anonymer Anruf ein. In einer Lagerhalle des Fachlieferanten für Industrie- und Haustechnik mit 1.200 Mitarbeitern würde seit mehreren Tagen eine Bombe liegen. Das Unternehmen ließ daraufhin das Gelände räumen. Die Polizei suchte stundenlang mit Spezialhunden das Gelände ab. Auch der Lieferverkehr der umliegenden Firmen wurde von der Evakuierung unterbrochen. Gegen 17:35 Uhr gab es dann Entwarnung. Rund 250 Mitarbeiter waren von der Räumung betroffen. Wiedemann hat über die Homepage und soziale Medien wie zum Beispiel twitter zeitnah die “interested parties” über die Situation informiert und konnte Dank einer schnellen Reaktion alle Kunden ohne Verzögerung beliefern.
Im nachfolgenden Interview schildert der Geschäftsführer von Wiedemann Herr Soulier gegenüber BCM-News den Ablauf nach der Bombendrohung, die getroffene Notfallvorsorge für derartige Ereignisse sowie die Krisenkommunikation mit der Rolle der verschiedenen Kommunikationskanäle.
Würden Sie uns kurz etwas zur Firma Wiedemann sagen und welche Bedeutung der Standort Sarstedt für Sie hat?
Hinter dem Familienunternehmen WIEDEMANN steht heute eine Unternehmensgruppe mit 69 Jahren Erfahrung. Seit der Gründung im Jahr 1945 hat sich WIEDEMANN vom Speziallieferanten für die Zuckerindustrie zum Fachlieferanten für Industrie- und Haustechnik entwickelt. Inzwischen gehören neben dem Hauptsitz in Sarstedt weitere 20 Standorte sowie Schwestergesellschaften in Burg, Siek, Verl und Jena zur Unternehmensgruppe. Insgesamt beschäftigt WIEDEMANN mehr als 1100 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat sich WIEDEMANN als Spezialist für moderne Technologien wie Solartechnik, Photovoltaik und kontrollierte Wohnraumlüftung etabliert. Alternative Energiekonzepte sowie regenerative Wärmeversorgung sind weitere Geschäftsfelder. Innerhalb der WIEDEMANN-Gruppe spielt die GFR – Gesellschaft für Regelungstechnik und Energieeinsparung mbH eine entscheidende Rolle. Als einer der führenden Anbieter der Branche entwickelt und vertreibt das europaweit tätige Unternehmen innovative Systemlösungen für Gebäudeautomation und Energiemanagement.
Was war ihre erste Reaktion auf die telefonische Bombendrohung?
Die Bombendrohung, die in unserer Telefonzentrale einging wurde von den Mitarbeiterinnen sofort ernst genommen und an die Geschäftsführung weitergeleitet. Diese veranlasste umgehend die Evakuierung des Lagers sowie der Geschäftsräume und informierte die Polizei.
Wer hat sich in Ihrem Unternehmen um die Maßnahmen gekümmert? Haben Sie einen Krisenstab eingesetzt? Wenn ja, wer war im Krisenstab?
Die Geschäftsführung vor Ort hat sich um alle notwendigen Maßnahmen gekümmert und diese gemeinsam mit ausgewählten und geschulten Führungskräften umgesetzt.
Welche Bedeutung hatten die sozialen Medien (twitter, facebook) in dieser Situation für Sie?
Die sozialen Netzwerke haben uns die Möglichkeit eröffnet, über unsere Webseite (die natürlich auch zur Kommunikation genutzt wurde) hinaus, in Echtzeit über die aktuellen Entwicklungen zu berichten. So konnten wir unsere Kunden ständig hinsichtlich eventueller Einschränkungen, wie z.B. die Nicht-Erreichbarkeit des Tresenverkaufs in Sarstedt informieren. Damit hatten wir die Möglichkeit, unsere Kunden unabhängig und noch vor den traditionellen Medien zu informieren.
Wie sind sie auf solche Ereignisse vorbereitet? Haben sie dieses oder ein vergleichbares Szenario bereits einmal durchgeplant oder im Rahmen einer Übung durchgespielt?
Eine Bombendrohung ist kein alltägliches Ereignis und darauf ist man eigentlich nicht vorbereitet. Es gibt bei WIEDEMANN in Sarstedt natürlich Notfall- und Evakuierungspläne, insbesondere aber vor dem Hintergrund von z.B. Brandfällen. Diese werden regelmäßig in Übungen überprüft und aktuellen Gegebenheiten angepasst. Dadurch war und ist es uns möglich im Ernstfall umgehend professionell und umsichtig zu reagieren.
Im Bereich PR haben wir zuletzt alle Führungskräfte zum Thema Krisen-PR geschult und somit eine hervorragende Grundlage für eine offene und ehrliche Kommunikation im Krisenfall geschaffen.
Wie lief die Kommunikation mit der Presse und den Medien? Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, die in eine solche Lage geraten?
Die Kommunikation mit der Presse hat sich auf das Wesentliche beschränkt. Die Presse vor Ort wurde von uns jederzeit mit aktuellen Informationen versorgt.
In einer solchen Situation ist es wichtig umgehend offen und ehrlich, aber auch sachlich und deeskalierend zu kommunizieren. Hierzu gehört aus unserer Sicht die Nutzung der eigenen Kanäle (Telefon, Webseite, Newsletter, Soziale Medien) ebenso wie die offene Kommunikation mit der Presse. Nur so können Gerüchte und falsche Geschichten effektiv vermieden werden.
Wie lief die Zusammenarbeit mit den Behörden? Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, die in eine solche Lage geraten?
Die Zusammenarbeit mit der Polizei lief reibungslos und jederzeit einwandfrei. Wir wurden ständig über den aktuellen Stand der Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten und in alle Maßnahmen involviert.
Hat dieses Ereignis in Ihrem Haus zu Anpassungen in der Notfallvorsorge geführt?
Nein. Alle Pläne haben reibungslos funktioniert.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen – insbesondere vergleichbaren mittelständischen Unternehmen – aus Ihrer Erfahrung für die Notfallvorsorge und das Krisenmanagement geben?
Kein Unternehmen ist sicher vor Krisen, unabhängig davon, ob es sich um ein Feuer, eine Bombendrohung oder vielleicht auch eine PR-Krise handelt. Für WIEDEMANN hat sich gezeigt, dass es der richtige Weg ist sich vorab ausführliche Gedanken über mögliche Szenarien zu machen.
Daraus wurden Notfallpläne entwickelt und mit Hilfe von regelmäßigen Übungen ständig erprobt und verbessert. Nur so war es uns möglich, im entscheidenden Moment ruhig und besonnen aber auch konsequent zu reagieren.
BCM-News bedankt sich bei der Firma Wiedemann für den Einblick in die Abläufe nach der Bombendrohung und die vorbereitenden Maßnahmen.
Sie haben auch eine Notfall- oder Krisensituation bewältigt und möchten Ihre Erfahrungen teilen? BCM-News freut sich über Ihren Beitrag.
Kontakt: admin@bcm-news.de
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