Versicherungen für BCM-Risiken

In der Samstagsausgabe der FAZ wird das neue Versicherungsangebot des Versicherungsunternehmens Chartis vorgestellt: eine Versicherung für das Risiko eines Rufschadens “Reputation Guard – Schutz für die Reputation”. Chartis ist eine Tochtergesellschaft des amerikanischen Versicherungsunternehmens AIG, das nach undurchsichtigen Finanzgeschäften von der amerikanischen Regierung gestützt werden musste. Der Konzern verfügt also über umfangreiche Erfahrung im Management der eigenen Reputationskrisen, wie die FAZ süffisant bemerkt. Neben den klassischenVersicherungen gegen eine Betriebsunterbrechung lassen sich mittlerweile Supply Chain Risiken, IT-Ausfälle, Hackerangriffe und Virenbefall versichern. Versicherungen haben natürlich ihren Sinn, wenn Schäden nach einem BCM-Ereignis schnell und unbürokratisch beglichen werden. Dies unterstützt eine schnelle Rückkehr in den Normalbetrieb – auch von der finanziellen Seite. Doch gilt es bei all den verlockenden Angeboten der Versicherungsvertreter gut abzuwägen. Wie immer bei Versicherungen sollten die Versicherungsbedingungen genau studiert werden und gegebenenfalls eine juristische Expertise eingeholt werden. Denn oftmals arbeiten Versicherungsunternehmen bei den BCM-Risiken mit weiteren Beratungshäusern zusammen, die im Ereignisfall zwingend konsultiert werden müssen. Auch bei Chartis ist dies der Fall. Für die eigene Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Ausgestaltung der Krisenkommunikation kann dies in der Krise das Ende bedeuten, wenn die Berater der Versicherung mit im Krisenstab sitzen. Versicherungen und deren Berater wollen im Notfall natürlich die Schadenshöhe, die dann im Rahmen der Versicherungsleistung übernommen werden muß, minimieren. Dies kann im Gegensatz zu den Interessen des Unternehmens in einer solchen Situation stehen. Jede Äußerung des Unternehmens, die ein Schuldeingeständnis vermuten lassen könnte, kann zu Schadenersatzforderung führen. Im Extremfall führt diese defensive Angsthaltung dann zu Pressekonferenzen in denen viel geredet aber inhaltlich nichts kommuniziert wird, wie im Fall der Loveparade in Duisburg  eindrücklich zu beobachten war. Ich weiß persönlich von Organisationen, denen in einer schweren Krise Form und Inhalt der Kommunikation von der Versicherung vorgeschrieben wurde, um Schadenersatzforderungen zu vermeiden. Sehr zum Image-Schaden des Unternehmens. Dies gilt es bei Abschluss einer Versicherung abzuwägen und detailliert mit dem Anbieter zu verhandeln. Wird nach Abschluß einer Versicherung die Vorsorge vernachlässigt, weil man ja versichert ist, droht das nächste Risiko. Die Versicherungen setzen natürlich voraus, dass die Unternehmen Vorsorge treffen, um den Eintritt von Schäden zu vermindern. Wer die IT-Sicherheit vernachlässigt und nach einem Hackerangriff auf Schadenersatz durch die Versicherung hofft, wird arg enttäuscht werden. Ein Blick in die Allgemeinen Versicherungsbedingungen lehrt dann eines besseren. Versicherungen können nur finanzielle Schadensfolgen lindern. Es sind aber auch schon Unternehmen nach einem Brand in Konkurs gegangen bevor sie die Zahlung der Versicherung erreicht hat. Versicherungen sind also allenfalls eine Ergänzung zu einer guten Vorsorge. Wer sich nicht sicher ist, ob er einen Notfall übersteht sollte zunächst in die Vorsorge investieren und dann mit einem beruhigten Gefühl prüfen, ob er die Vorsorge durch eine Versicherung ergänzen will. Sie fahren ja auch nicht mit abgefahrenen Reifen weil das Auto versichert ist. Denn Sie wissen, dass die Versicherung bei einem Unfall wegen der abgefahrenen Reifen nicht oder nur teilweise leisten wird. BCM ist ihr gutes Profil!

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