Krisenprävention mit Hilfe von Issues Management

Der Schutz der Reputation eines Unternehmens gehört neben dem Schutz der Mitarbeiter und der Vermögenswerte zu den primären Aufgaben des Krisen- und Notfallmanagements. Die Wahrnehmung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit hängt hierbei sehr stark von den aktuellen Themen im Unternehmensumfeld ab.

Dies mußte Vattenfall bei der Stilllegung von Kernkraftwerken wegen fehlerhaft montierter Dübel bitter erfahren. Die Meldung über falsch montierte Dübel traf auf ein explosives Themenumfeld in der Öffentlichkeit. Stark steigende Energie- und insbesondere Strompreise prägten die öffentliche Diskussion und verunsicherten die Menschen. Auf der anderen Seite waren die Stromanbieter mit dem Vorwurf konfrontiert die Investitionen in die Kraftwerke und Infrastruktur zu vernachlässigen, um möglichst hohe Gewinne erzielen zu können. Der Stromausfall in der Region um Münster mit dem Vorwurf an die Stromkonzerne, die Stromnetze seien in einem maroden Zustand weil die Modernisierung vernachlässigt worden war (Stichwort “Strommasten aus Thomasstahl”), war noch stark im Gedächtnis. Die Folgen dieser ansonsten wahrscheinlich untergegangenen Meldung über Wartungsarbeiten in den Kernkraftwerken ist bekannt, und die Folgen in diesem Blog nachzulesen.

Ziel des Issues Management ist es, frühzeitig Themen im Unternehmensumfeld zu erkennen, um die gesamte Unternehmenskommunikation auf dieses Themenumfeld abstimmen zu können.

Was ist ein Issue?

Ein Issue ist eine Gap zwischen dem Handeln des Unternehmens und der Erwartungen der Stakeholder des Unternehmens.

Was ist Issues-Management?

Der Begriff “Issues Management” wurde bereits 1976 von dem amerikanischen PR Manager Howard Chase geprägt. Er beriet Unternehmen, die unter den Druck der öffentlichen Meinung geraten waren. Oft war es jedoch bereits zu spät, nachdem Kunden den Boykott von Produkten organisiert hatten oder Presseartikel veröffentlicht waren. In den USA hatte der Verbraucherschützer Ralph Nader in den sechziger rund siebziger Jahre spektakuläre Erfolge gegen die amerikanische Automobilindustrie, der er massive Konstruktionsschwächen im Insassenschutz nachwies. Naders Aktivitäten hatten Gesetzesänderungen in den USA zur Folge und einen Produktionsstopp für amerikanische Cabriolets Ende der siebziger Jahre.

Chase war der Überzeugung, daß die Reaktionszeit eines Unternehmens durch ein Frühwarnsystem (Issues Management) für kritische Themen deutlich verlängert werden kann. Ziel des Issues Management ist es, kritische Themen frühzeitig zu identifizieren und so einen Handlungsrahmen für eine aktive Auseinandersetzung mit den Issues zu schaffen. Idealerweise wird so aus dem Risiko eine Chance.

Der Issues Management Prozess:

Für den Issues-Management Prozess werden idealtypisch 5 Phasen unterschieden:

  1. Identifikation der Issues
    Beobachtung von Trends im politischen, sozialen und ökonmischen Umfeld. Aufspüren von Risiken und Themen durch systematisches Scannen von Internet, Foren, Blogs und Datenbanken. Vergleich der Themen mit der eigenen Unternehmensstrategie und Identifikation potentieller Issues.
  2. Bewertung der Issues
    Welche Auswirkungen können die Issues auf das Unternehmen haben?, welche Maßnahmen können getroffen werden?
    Weitergehende quantitative und qualitative Erhebungen zu den Issues (Bsp. Aufmerksamkeitswert eines Issues und Bezug zum Unternehmen)
  3. Festlegen von strategischen Optionen zur Behandlung der Issues
    Festlegung wie das Unternehmen mit dem Issue umgeht:
    – reaktive, abwartende Haltung
    – mit der Dynamik des Issues gehen und nur bei Bedarf aktiv einwirken
    – die Leader Funktion übernehmen und aktiv einwirken
  4. Definition eines Maßnahmenprogramms
    Ziele definieren, Strategische Handlungsoptionen festlegen und taktische Maßnahmen festlegen und umsetzen. Das Issues Management betont hierbei, daß das gesamte Unternehmen (und nicht nur PR) in das Issues Management integriert werden muß.
  5. Durchführung einer Ergebnis- und Prozesskontrolle
    Überprüfung der Zielerreichung und der Effizienz und Effektivität des Issues Management.

Das Issues Management gehört zu den Methoden der Krisenfrüherkennung. Es wird versucht frühzeitig schwache Signale zu orten. Neben dieser Identifikation von kritischen Themen sind weitere Quellen von schwachen Signalen für die Früherkennung von Krisen das Beschwerde- und Qualitätsmanagement.

Große und publicity-orientierte Unternehmen etablieren zunehmend einen Issues Management Prozess. Die stark zunehmende Zahl an Informationsquellen aus Zeitungen und Zeitschriften, Internetseiten und Blogs stellt jedoch eine hohe Herausforderung an die Bewältigung dieser Informationsflut dar.

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